Eine kritische Stimme zu Heinz Grill und dem Artikel in der SZ

25. Juli 2019 | Von | Kategorie: Fallbeispiele, Featured

Gastbeitrag über den Artikel ‚Der Guru‘ in der SZ vom 13.4.2019

Von Dr. Peter Linz

Als Physiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem Universitätsklinikum betrachte ich mich grundsätzlich als ein der Logik und Rationalität verpflichteter Mensch. Mit Spiritualität habe ich nichts im Sinn und kann es auch nicht nachvollziehen, warum Menschen unbedingt zu „spirituellen“ Seminaren pilgern müssen. Wir haben heute auf allen Gebieten des Lebens einen reichhaltigen Fundus an empirischer Wissenschaft, in der man sich fortbilden kann. Über Begriffe wie „Ätherleib“ oder „spirituelle Individuation“, wie sie in der Grill-Literatur meiner Frau zu lesen sind, konnte ich bislang nur den Kopf schütteln. Nachdem ich die Diskussion um Herrn Grill einige Zeit still verfolgt habe, sehe ich mich nun doch veranlasst, einige Argument in die Diskussion einzubringen.

Meine Frau besucht bereits seit Jahren Kurse bei Herrn Grill. Auch wenn mir diese Inhalte fern liegen, stellt dies kein Problem dar. Möge jeder seinen Interessen nach seiner Façon folgen, auch ich pflege meine Hobbies, an denen meine Frau häufig nicht beteiligt ist. Ich bin kein Sympathisant dieses Herrn Grill, noch selbst ein Yogapraktizierender, habe ihn aber bei Kongressen, zu denen meine Frau immer wieder geht, kennengelernt. Gerade aufgrund von kirchlicherseits herausgegebenen Warnungen vor seiner Person (schon vor Erscheinen des SZ-Artikels), habe ich seine Vorträge und den Seminarbetrieb kritisch beobachtet, um mir selbst ein Urteil zu bilden. Ich wollte meine Frau nicht einem Geschehen überlassen, das ich nicht selbst einschätzen kann. Seit es durch die Süddeutsche Zeitung Gehirnwäsche- und Kriminalitätsvorwürfe gibt, wurde es mir doch ein etwas mulmig und ich fürchtete, womöglich nicht kritisch genug hingesehen zu haben.

Schon seit einigen Jahren habe ich mich immer wieder bei gemeinsamen Reisen zu Veranstaltungen, die meine Frau besuchte, und die ich bisher zu Urlaubsaufenthalten im Gardaseegebiet nützte, als Zaungast hinzugesellt. Tatsächlich sehe ich Herrn Grill durchaus skeptisch in seinen „spirituell“ geprägten Ausführungen, ermangeln diese doch für mein Verständnis einer ausreichenden naturwissenschaftlichen Evidenz, soweit sich das von meiner Seite überhaupt sagen lässt. Ich möchte aber keineswegs behaupten, ein Kenner seiner Philosophie zu sein.

Ist Grill ein Guru?

Was aber in dem jüngsten SZ-Artikel zum Ausdruck kommt, entbehrt nicht minder der Nachvollziehbarkeit und faktischer Gegebenheiten, so wie ich sie vor Ort wahrnehmen konnte. Ich möchte hier keineswegs eine Lanze für Herrn Grill brechen, aber vieles was in der SZ so prätentiös zur Darstellung kommt, kann ich in keiner Weise bestätigen und es geht der Artikel „Der Guru“ in seinen Mutmaßungen meines Erachtens viel zu weit. Überdies stehen Darstellungen der SZ auch Expertisen (siehe nachfolgend angeführtes rechtswissenschaftliches Gutachten von Prof. Jochum et al.) klar entgegen, ohne überhaupt darauf einzugehen.

Grill habe ich tatsächlich als eher schüchternen Eigenbrötler erlebt, der keinen großen Rummel um seine Person macht und am liebsten in den Bergen unterwegs ist. Ein vielleicht auf seine Weise komischer Kauz, aber ein hirnverdrehender Guru, der Macht ausübt und andere Menschen und deutsche Gerichte beherrschen will – obwohl er sich die meiste Zeit in Italien und in den Bergen aufhält -, das erscheint mir doch etwas an den Haaren herbeigezogen.

Dass sich vor Ort alles um ihn als „Guru“ dreht, kann ich nicht bestätigen. Er ist Referet unter Referenten. Die Zeit, in der Herr Grill selbst referierte, nahm z.T. weniger als 20% der gesamten Fortbildungsveranstaltung ein. In den Pausen lernte ich die Seminarteilnehmer kennen, je nach thematischem Schwerpunkt der Veranstaltung waren das Mediziner, Architekten, Pädagogen, Betriebswirtschaftler oder Künstler. Soweit ich den Eindruck habe, ist das Publikum kein homogenes, sondern besteht aus Teilnehmern und Fachreferenten verschiedenster Couleur mit zum Teil sehr unterschiedlichen Standpunkten. Alle Veranstaltungen und Fachfortbildungen sind im Internet öffentlich zur Anmeldung ausgeschrieben. Nach Abschluss erhält jeder Teilnehmer eine Fortbildungsbestätigung bzw. ein Zertifikat, das auch in diversen Berufsfachverbänden als Fortbildungsnachweis anerkannt ist. Die Veranstaltungen, wie ich sie erlebt habe, fanden im Kongressaal eines nördlich des Gardasees gelegenen Vier Sterne-Hotels statt – und nicht in einer düsteren und blutverschmierten Guru-Behausung, wie das die Illustrationen im SZ-Artikel nahelegen. Das im SZ-Artikel vermittelte Bild, dass dort ein herrschsüchtiger Guru sitzt, zu dem eine Schar fanatischer Anhänger pilgert, konnte ich ganz und gar nicht wahrnehmen. Es waren eigentlich durchwegs niveauvolle und teilweise akademisch gebildete Menschen, die ich dort kennenlernen durfte, auch wenn die Kontakte, die sich während meiner Gasthörerschaft ergeben haben, womöglich nicht repräsentativ sind.

Der Artikel widerspricht wissenschaftlichen Untersuchungen

Zur Arbeit und zum weltanschaulichen Hintergrund von Heinz Grill existiert ein umfangreiches rechtswissenschaftliches Gutachten von Prof. Dr. Georg Jochum und Dr. Nuria Schaub. Im Gegensatz zum gegenständlichen SZ-Artikel, welcher sich nach meinem Eindruck lediglich in vagen Vermutungen und widersprüchlichen, offensichtlich parteiischen Schilderungen ergeht, in welchen bei gleichzeitigem Mangel an Fakten ein für objektiven Journalismus eigentlich unzulässiger Belastungseifer wohl unübersehbar ist, beleuchtet vorgenanntes Rechtsgutachten in einer über 66 Seiten gehenden Sachverhaltsdarstellung in nachvollziehbarer Weise die verschiedenen Aspekte des schriftstellerischen Werkes und der tatsächlich gelebten Praxis der Lehre von Heinz Grill, insbesondere in Hinblick auf gegenständliche Vorwürfe der Sektenbildung, angeblicher Gefährlichkeit und sowie der Wahrung von grundrechtlich verankerten Persönlichkeitsrechten.

Um was handelt es sich also bei der Arbeit von Heinz Grill, um die gerade so viel Aufhebens gemacht wird? – Laut dem vorbezeichneten Gutachten um nicht viel anderes, was auch ich bei meinen Aufenthalten im Gardaseegebiet als Gasthörer bei Grills Seminaren wahrnehmen konnte:

Es handelt sich um eine eigenständige anthroposophische Lehre mit Bezügen zum Christentum, fernöstlichen Religionen und altgriechischen Philosophien“ (Jochum et al., S.2 f.)

Diese entspreche Art. 4 Abs. 1 GG , wobei allerdings das Vorhandensein einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft zu verneinen sei und Heinz Grill auch jedwede Gruppenbildung ablehne, eine solche Gruppenbildung sogar in direktem Widerspruch zu der ganz auf die Entwicklung der Individualität des Menschen gerichteten Arbeitsweise Grills stehe.

Dem Gutachten zufolge sei einer der Kerngedanken, auf welchem die Arbeit und das literarische Werk von Heinz Grill beruhen, der sogenannte „spirituell-soziale Prozess“. Dazu Prof. Jochum: Hierbei werde auf individualitätsbasierte Weise „eine Idee in Gegenseitigkeit weiterentwickelt, so dass es zu einem förderlichen inhaltlichen Austausch kommt“ mit der Intention, damit „eine Integration spiritueller Inhalte im praktischen Leben zu fördern“. Nach Ansicht von Grill besäße diese Arbeitsweise „therapeutischen Wert, insofern durch die gedankliche und inhaltliche Gestaltung der Beziehungsverhältnisse sogenannte Ätherkräfte (gesundheitsförderliche Lebenskräfte) erzeugt“ würden.

Fazit des Gutachtens zu diesem Ansatz Grills:

Der spirituell-soziale Prozess steht im Gegensatz zu autoritativen Verhältnissen, wie auch zu den autoritativen bzw. hierarchischen Tendenzen (Gurutendenzen), die auf spirituellen Wegen häufig anzutreffen sind.“ (Jochum et al., S.24)

Warnungen und Bewertungen kirchlicher Institute in Bayern, wie sie auch von der SZ im Artikel „Der Guru“ übernommen werden, werden im Gutachten nicht nur als ungerechtfertigt, sondern sogar als Verstoß gegen elementare grundrechtlich geschützte Werte unserer Gesellschaft angesehen.

Aus der Zusammenfassung des Gutachtens:

Die Behauptungen staatlicher Stellen aller Art, seien es Behörden oder Gerichte, Heinz Grill sei ein Sektenführer oder die an seinem Werk Interessierten seien Teil einer Sekte, stellen eine verfälschende Darstellung des religiösen Bekenntnisses von Heinz Grill dar und verletzten ihn somit in seinem Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG. Diese Behauptung widerspricht sowohl den schriftlich geäußerten Bekenntnissen des Heinz Grill, als auch der tatsächlich gelebten Praxis. Es gibt keine fest geschlossene Gruppe von Anhängern. Es gibt keine hierarchischen zentralistischen Machtstrukturen, kein geschlossenes Lehrsystem und insbesondere auch keine normierte Lebenspraxis.
[…]
Angesichts der klaren Äußerungen von Heinz Grill und dem fehlenden tatsächlichen Befund einer Sekte, ist eine solche unwahre Tatsachenbehauptung auch nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt. […] Äußerungen von Sektenbeauftragten der großen Kirchen, bei Heinz Grill handele es sich um eine Sekte, verletzen ihn ebenfalls in seinem Grundrecht aus Art. 4 GG. […] Warnungen oder Bewertungen von Kirchen, eine bestimmte Glaubenslehre wie die von Heinz Grill, sei eine Sekte oder begründe eine Sekte, müssen anhand zu mindestens der schriftlichen Äußerungen und der tatsächlichen Verhältnisse belegbar sein. Angesichts der vorliegenden schriftlichen Bekenntnisse und der tatsächlichen Verhältnisse entbehren allerdings solche Warnungen jeglicher Grundlage, sodass hier bereits von einer Aussage in das Blaue hinein gesprochen werden kann.“
(a.a.O., Zusammenfassung, S.2 f.)

Falschdarstellungen müssen berichtigt werden

So sehr ich es auch drehe und wende, kann auch ich im Wesentlichen leider zu keiner substanziell anderen Bestandsaufnahme kommen als sie im vorgenannten Gutachten dargelegt ist. Auch wenn ich die detaillierten Kriterien der vom Deutschen Bundestag eingesetzten Enquete-Kommission zum Thema „Sogenannte Sekten und Psychogruppen“ heranziehe (das 236 Seiten umfassende Skriptum ist zugänglich unter dip21.bundestag.de) und als Maßstab auf den von mir beobachteten Seminarbetrieb anlege, kann ich keinerlei Kongruenz mit hierbei auseinandergesetzten Manipulationstechniken oder Abhängigkeitsmustern feststellen. Wie gesagt, ich habe weiß Gott keine besondere Sympathie für Herrn Grill, aber so wie ich es persönlich kennengelernt habe, wird seine Arbeit und seine Person grundlegend falsch dargestellt. Schon aus Gründen der Fairness und Verhältnismäßigkeit sehe ich mich veranlasst, die Berichterstattung, mit der ich als Zeitungsleser konfrontiert bin, nicht trotz besseren Wissens unberichtigt zu lassen.

Als Wissenschaftler schätze ich Rationalität. Ich muss allerdings zugestehen: Was meine Frau an vermeintlicher „Irrationalität“ aufgenommen hat, hat sich nicht zu ihrem Nachteil ausgewirkt. Seit meine Frau an Fortbildungsveranstaltungen bei Heinz Grill teilnimmt, hat sie sich durchwegs zu ihrem Vorteil verändert, sie ist nach meinem Erleben attraktiver, einfühlsamer und selbstbewusster geworden. Schon alleine deshalb kann ich die Grill Lehre nicht verteufeln. Zumindest meine Frau – und ich als indirekter Profiteur – haben also den „sozial-spirituellen Prozess“, in dem sich meine Frau geschult hat, als Gewinn für unsere Partnerschaft erlebt, und nicht als „Gehirnwäsche“, wie das im SZ-Artikel nahegelegt wird, auch wenn ich selber davon nicht wirklich etwas verstehe. Ein Student der Spiritualität werde ich dennoch sicher nicht werden, dafür ist meine Affinität zu naturwissenschaftlichem Denken doch zu ausgeprägt und bisher konnte ich eine Kongruenz zu Theoremen von Geist, Seele u. dgl. noch nicht ausreichend nachvollziehen.

Das Vertrauen in die Medien wird erschüttert

Es stimmt mich hingegen recht nachdenklich, wenn ich mitverfolge, in welch verzerrender Weise heute von reichweitenstarken Printmedien mit der Realität umgegangen wird. An sich hätte ich angenommen, dass es die Standesregeln einer Qualitätszeitung wie der Süddeutschen nicht zulassen, dass offensichtlich von der dezidierten Gegnerschaft des Herrn Grill unterbreitete Anschuldigungen und Mutmaßungen weitgehend unkritisch übernommen werden und daraus dann eine verzerrende, den realen Gegebenheiten widersprechende Reportage zusammengebaut wird. Es stellt sich mir dabei noch eine viel grundlegendere Frage: Was soll bzw. kann man von dem, was uns heute über Nachrichtenorgane mitgeteilt wird, noch glauben? Das Vertrauen in die Medien wird durch einen solchen Journalismus grundlegend erschüttert.

Ich bin gewiss selbst nicht frei von gewissen Voreingenommenheiten, insbesondere gegenüber esoterischen Ambitionen. Im Sinne von Voltaire halte ich es jedoch für angemessen, wenn wir uns in unserem Eifer, unsere persönlich gewählte Sicht der Dinge und unsere Lebensideale auch zum Maßstab für alle anderen Mitmenschen erklären zu wollen, etwas mäßigen. Die Geschichte hat uns schon oft genug gezeigt, dass die Ausgrenzung Andersdenkender, selbst wenn sie in vollster Überzeugung eines vermeintlich zeitgemäßen Fortschritts praktiziert wird, zu nichts Gutem führt.

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10 Kommentare auf "Eine kritische Stimme zu Heinz Grill und dem Artikel in der SZ"

  1. P. B. sagt:

    Bin jetzt fast 60 und hab mein Lebtag noch kein Yoga und keine Einweihung gebraucht. Stehe mit beiden Beinen auf dem Boden und bin in meinem Leben eigentlich immer ganz gut zurechtgekommen. Was mich stutzig macht ist warum heute alle Leute nach Feierabend zum Yoga und esoterischem Krimskrams rennen und die Yogastudios an jedem Eck wie Schwammerl aus dem Boden wachsen. Verstehe schon der Stress heute zum Entspannen, aber entspannen kann ich auch ohne Lehrer. Und was bei so Yoga rauskommt, kann man ja in der Süddeutschen nachlesen.

  2. Francesco DeTomaso sagt:

    @Münchhausen / „Dümmer Werden“:
    Liebe Frau Marianne Buchmann, die Sie nun auch hier unter Ihren Alias-Namen „Münchhausen“ und „Dümmer Werden“ herumtrollen und sich damit in Ihrer Intention dankenswerterweise auch gleich selbst offenbaren. In Ihrem Wahn, Heinz Grill „zu erledigen“, wie Sie das ja selbst schon als „Ihr Programm“ bekundet haben, gebärden Sie sich mittlerweile dermaßen hasserfüllt und pietätlos, dass sie sich nicht wundern dürfen, wenn ihnen beim morgendlichen Blick in den Spiegel demnächst ein giftgrünes Trollgesicht entgegenkommt (soviel zum Thema „Fratzenhaftigkeit“).

    Ich fürchte, wenn Sie so weitermachen, dass Sie dann wohl nicht so wie die Frau von Herrn Dr. Linzer in diesem sehr niveauvollen Artikel beschrieben, fortwährend attraktiver werden, sondern geradewegs den umgekehrten Weg beschreiten – und sich damit eher zum Männerschreck machen und einen allfällig vorhandenen Partner verprellen.

  3. Münchhausen sagt:

    Dümmer Werden hat recht. Der SZ-Artikel spricht die Wahrheit. Es ist unverantwortlich, dass dieser Dr. Linz seine Frau dort überhaupt noch hingehen lässt.

  4. Dümmer Werden sagt:

    Lauter scheinheilige. verlogene und gezinkte pseudo-wissenschaftliche Beiträge der Grill-Anhänger selbst! Der Schlimmste darunter: dieser angebliche Dr.Peter Linz, der seine angeblich so ergriffene Frau als das Trojanische Pferd vorschiebt, weil er damit glaubt, objektiv zu erscheinen.Aber Lieber Herr sogenannter Doktor: das Gegenteil ist der Fall, hättest du deine Frau nur einmal erwähnt,hättest du dich nicht verraten, so aber wirst du in deiner ganzen Fratzenhaftigkeit durchschaut!

  5. Sonja Gussmann sagt:

    @Hermann Jochen: Das mit der “Selbsteinweihung” in Hinblick auf geistige Erkenntnisse ist zwar in gewisser Hinsicht richtig, man kann dieses Wort aber auch arg missverstehen. Einweihung bedeutet im modernen Sinne natürlich nicht, dass man bloß einen Segen erhält oder dass man sich in seinem Kämmerchen selbst beweihräuchert. Es hat heute mit selbständiger Aktivkraft und Eigenverantwortung zu tun. Doch anhand von welchem „Material“ weihe ich mich ein bzw. ergründe ich geistige Erkenntnis? Diese Erkenntnis bzw. der Weg zu dieser muss ja zunächst einmal von jemandem, der in diesem Fach kundig ist, erarbeitet werden. Wenn ich z.B. Klavierspielen lernen möchte, dann muss ich erstens ein Klavier anschaffen, des Weiteren brauche ich Noten und dann brauche ich im Regelfall einen professionellen Musiklehrer, der mir den Umgang mit dem Instrument und den Noten lehrt, bis ich dann vielleicht einmal Partituren spielen kann. Vom Lehrer bekomme ich genau diejenigen Lektionen und Übungen, die mich in dem, was ich brauche bzw. wo mir noch etwas fehlt, weiterbringen. Der Lehrer kann sein Lehrfach deshalb authentisch vermitteln, da er sich zuvor selbst durch die gleichen Lektionen und Schwierigkeiten hindurchringen musste wie der Beginner dieser Kunst jetzt. Nun hat er ein geschultes Auge und Ohr für den Umgang mit dem Instrument bzw. für Harmonien und noch bestehende Disharmonien.

    Auch auf geistig-seelischem Gebiet gibt es Gesetzmäßigkeiten, die ein kundiger Lehrer – und zwar auf jeweils individuell geeignete Weise – eröffnen kann und die man selbst nicht ohne weiteres findet. Ich selbst habe z.B. schon jahrelang in diverser indischer geistiger Literatur, Yoga, Theosophie und anderem studiert und dort nach der Wahrheit gesucht. Vieles davon hat mich auch weitergeführt. Aber erst durch die Begegnung mit einem geistigen Lehrer, in meinem Fall Heinz Grill, konnten sich die zahlreichen Rätsel und Widersprüche, die sich in meinem Selbststudium aufgetürmt haben, ordnen. Ich konnte dadurch, und das sogar sehr schnell, zu einer zeitgemäßen und sozialfähigen Spiritualität finden, während ich mich zuvor jahrelang in Einseitigkeiten bewegt habe.

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  7. […] – Eine kritische Stimme zu Heinz Grill und dem Artikel in der SZ […]

  8. Hermann Jochen sagt:

    @Jakob Wiesner: In Ihrem Beitrag erläutern Sie den Begriff Guru in seiner Bedeutung für die indische Spiritualität. Das mag ja für den östlichen Kulturraum alles schön und gut sein. Spiritualität im Westen unterscheidet sich jedoch wesentlich von der Spiritualität des Ostens. Nach meiner Überzeugung als Anthroposoph sollte sich ein westlich geprägter Mensch nicht mehr an einem Guru (im orientalischen Sinne) orientieren, sondern es gilt hierzulande für denjenigen, der nach Erkenntnis sucht, vielmehr das Prinzip der „Selbsteinweihung“, wo man sich in eigenem, durchaus mühsamen Literaturstudium ein Verständnis für geistige und seelische Daseinsebenen erarbeitet.

  9. Mag. Jakob Wiesner sagt:

    Als jemand, der Asien und insbesondere Indien ausgiebig bereist hat und vergleichende philologische Studien zu unserem europäischen Kulturraum angestellt hat, konnte ich eine große Diskrepanz bezüglich des Begriffes Guru feststellen. Wenn man diesen Begriff einmal ganz wertfrei von seiner etymologischen Bedeutung nimmt (Wortwurzeln gu und ru), dann bedeutet er nicht mehr als „jemand, der Dunkles erhellt“ bzw. Dunkelheit durch geistige Erkenntnis „zerstört“. Manche, die es sich in der „Dunkelheit“, die in Wirklichkeit für nichts anderes steht als für Verhärtung im Materialismus, scheinbar bequem eingerichtet haben, haben natürlich wenig Interesse daran, beleuchtet zu werden und empfinden Angst dabei, mit geistigen Wahrheiten konfrontiert zu werden. Daraus entstehen dann wohl solche Artikel wie in der Süddeutschen, wo man, wie im obigen Kommentar angesprochen, „krampfhaft“ versucht, Personen, die spirituelle Inhalte ansprechen, zu verunglimpfen oder sogar zu kriminalisieren.
    Im asiatischen Raum verhält sich das ganz anders. Dort gibt es zahlreiche – männliche und auch weibliche – Persönlichkeiten, die man auf Grund ihrer geistigen Entwicklung als Guru bezeichnet und die dafür in der Bevölkerung und auch im öffentlichen Leben hohen Respekt genießen. Zahlreiche Minister und sogar der indische Staatspräsident A.P.J. Abdul Kalam haben im offiziellen Rahmen unter Begleitung von TV-Kamerateams und Presse regelmäßig Gurus wie Sathya Sai Baba und Mata Amritananda besucht, um diesen ihre Wertschätzung auszudrücken und sich auch Rat für ihre Amtsgeschäfte einzuholen. Die Presse dort wäre nicht auf die Idee gekommen, so etwas abfällig oder als „Gehirnwäsche“ zu beurteilen. Die Verbundenheit mit dem Geistigen bzw. mit Personen, die dieses geistige Leben authentisch pflegen, ist in Indien und anderen asiatischen Ländern trotz ebenfalls fortschreitender Technisierung und Kommerzialisierung immer noch integraler Teil der Kultur.

  10. Heinrich M. sagt:

    Auch ich kann aus dem vorbezeichneten SZ-Artikel kein konsistentes Bild gewinnen. Da passt doch hinten und vorne nichts zusammen. Ich kenne Heinz Grill nicht persönlich, aber verfolge schon seit einiger Zeit im Internet seine Videos und Interviews auf Youtube mit, sowie diverse Artikel zu aktuellen Themen. Was ich dabei wahrnehmen kann, ist ein vor Inhalten sprühender, mit all seinen Kräften um Entwicklung und Kultur bemühter spiritueller Mensch. Im Vergleich dazu erscheint mir die Darstellung im SZ-Artikel „Der Guru“ wie eine krampfhafte Verunglimpfung. Wie es aussieht, ertragen es die Autoren nicht, wenn jemand auf niveauvolle Weise spirituelle Inhalte und die Schönheit des Lebens eröffnet.

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