Hetzpropaganda – wie reagieren?

3. Juli 2008 | Von | Kategorie: Propagandajournalismus

Angesichts solcher schwerwiegenden Angriffe und Beleidigungen durch die Medien, wie in Teil 1 dieser Artikelserie (Saat für die Pogrome der Zukunft) stellt sich die Frage nach der angemessenen Reaktion. Wie kann solchen Angriffen sinnvoll gegenübergetreten werden? Es ist diese Frage durchaus bedeutend, denn davon wie sie beantwortet wird, hängt viel für die weitere Entwicklung der inneren Wirkungen ab.

Betrachtet man die Sachlage lediglich vom irdisch-materiellen Standpunkt aus, so könnte man dem Angegriffenen vielleicht raten, er solle sich am besten eine „dicke Haut“ zulegen und die Angriffe auf sich beruhen lassen. Indem er sich mit dem Angreifer beschäftigen würde, und seine Aufmerksamkeit vermehrt dort hin gibt, würde er ja doch nur seine Zeit verlieren, Zeit, die er sinnvoller einsetzen könne. Es ist dieser Standpunkt wohl auch nicht ganz unberechtigt.

Betrachten wir die Sache allerdings von einem die seelische Seite und die inneren Wirkungsdimensionen des Angriffes mehr einschließenden Blickwinkel, so müssen wir wohl zu der Überzeugung kommen, dass der Angriff die Notwendigkeit, ja die unbedingte Aufforderung an den Angegriffenen in sich trägt, Stellung zu beziehen. Es sind diese sich immer wieder wiederholenden Attacken sonst wie ein schleichendes Gift, das immer mehr herabmindernd und zersetzend in das Leben der Geschmähten und Verleumdeten eindringt, zu unerklärlichen gesundheitlichen Phänomenen führen kann und den Betroffenen den nächtlichen Schlaf raubt.

So ungerecht der Angriff auf der äußeren Ebene des Lebens auch ist, so notwendig ist er scheinbar auf einer Inneren Ebene. Wenn sich ein Angreifer, der meist ganz in den konventionellen Mustern eines Welt- und Glaubensbildes drinsteht und sich auf der sicheren Seite wähnt, gegen denjenigen ausspricht, der sich um Forschung und neue Wege der Kulturentwicklung bemüht, so ist der Betroffene gezwungen zu reagieren, wenn er nicht über kurz oder lang immer mehr sein Selbstbewusstsein, und – was noch schlimmer ist – die Kraft zur Verfolgung seiner Ideale einbüßen will.

Er muss sich vor allem überlegen, wie er sich nun mit seinen Idealen einer Übermacht gegenüberstellt und diese auf freie Weise vertritt, ohne Selbst zum Kampfhahn zu werden (Vergleiche dazu den Artikel über Angelus Silesius).

Es zwingt der Angriff förmlich zu einer klaren Standpunktbestimmung und damit kann er, wenn diese Standpunktbestimmung gelingt, bei weisem Umgang mit der Situation, zu einer größeren Freiheit beim Angegriffenen führen.

Schauen wir einmal auf die Reaktionen, die von Seiten der anthroposophischen Bewegung auf den im ersten Teil erwähnten „Gurkenartikel“ erfolgt sind.

Beispiel : http://www.sektion-landwirtschaft.org/uploads/media/Stellungnahme_03.pdf

Es wird in der Stellungnahme erst einmal klargestellt, welcher Interessengruppe die Autorin der Hetzschrift angehört: Hinter dem Artikel stehe ein Gentechnik-freundliches Umfeld, das den ökologischen Anbau, der seinerseits die Gentechnik ablehnt, in seinem angreifbarsten Flügel, der biologisch Dynamischen Wirtschaftsweise Rudolf Steiners angreifen würde. Der Spiegel lasse sich bedauerlicherweise für diese Art von Polemiken instrumentalisieren.

Weiter gehen die Autoren der Stellungnahme nun nach der ruhigen und sachlichen Richtigstellung der offensichtlichen Falschaussagen im Artikel (und das sind nicht wenige!) auf die Sorge der Artikelschreiber ein, „dass mit dem Einrichten der angesprochenen Stiftungsprofessuren die aufklärerische Tradition, für die die Wissenschaft steht, aufgegeben werden könnte.“ und begründen nunworin wir diese Sorge für berechtigt sehen, und wo wir glauben, dass das gewählte Vorgehen der Autoren und Artikel genau diesen aufgeklärten Konsens selber gefährdet.“

Im ganzen zeigt sich das ehrliche Bemühen, den Gegner und seine Argumente ernst zu nehmen, die Diskussion zu versachlichen und seine „Bedenken“ sachlich argumentativ zu entkräften. Die eigentliche Stellungnahme erfolgt im Kern mit diesen Zeilen:

Mit der Ausgrenzung nährt man nur die Phänomene, die man eigentlich nicht wahrhaben, oder zumindest nicht behandeln will. So gesehen erzeugen solche Bestrebungen eher das Phänomen, das sie bekämpfen. (Daneben hat der Eifer, und man kann fast sagen das Sendungsbewusstsein mit dem Kutschera und andere auftreten, schon selber etwas quasi religiöses. Das ist ja ein Phänomen dem man häufiger begegnet, dass je erbitterter ein Kampf geführt wird, umso deutlicher bei dem Kämpfenden selbst ein Problem mit der Sache sichtbar wird). Die Wissenschaft hat den Mensch in die Moderne geführt und die Aufklärung mit geschaffen. Heute müssen wir schauen, dass die moderne Auffassung der Naturwissenschaft nicht selber wie hinten wieder runter fällt, weil sie selber zum Glaubenssystem wird. Wir müssen mit den Fähigkeiten die wir durch Wissenschaft erworben haben, jetzt auch die Ebenen des Lebens aufsuchen, die nicht unmittelbar mess-, zähl- oder wiegbar sind. Das ist nicht leicht. Die biologischdynamische Landwirtschaft versucht sich auf diesem Weg. Was sie und die Anthroposophie von vielen anderen spirituell orientierten Richtungen unterscheidet ist dass sie die Übereinstimmung mit der Naturwissenschaft sucht, und sich nicht scheut, sich in die Qualität der wissenschaftlichen Auseinandersetzung zu stellen. Das könnte man ihr auch positiv auslegen. Maxeiner und Miersch schreiben in ihrer Kolumne: „Die Aufklärung brachte den Sieg über die Hexenverfolgung….“ Was sie wohl meinen, ist die Hexerei. Denn was sie mehr oder weniger unbewusst anzetteln ist genau dieses: Eine neue Hexenverfolgung, die, und das stimmt, die Aufklärung eben überkommen hat. Insofern wäre diesen Herren eine aufgeklärtere, zeitgemäße Haltung zu wünschen.

Wenn wir nun beides, den „Gurkenartikel“ und die Stellungnahme einander gegenüberstellen, und dann beide Bilder, beide Haltungen auf uns wirken lassen, können wir uns, dieser Gegenüberstellung gewärtig, eine Reihe von Fragen stellen:

  • Wie wird die Stellungnahme nun wieder auf die Autorin zurückwirken?

  • Wird ihr die Stellungnahme den Wind aus den Segeln nehmen?

  • Wird der Gegner daraufhin zurückweichen und (zumindest im Inneren seines Seelenlebens) bemerken, dass er nicht nur im Unrecht ist, sondern sogar eine Gewalttat an unschuldigen Menschen verübt, indem er derartig ehrverletzend vorgeht?

Wohl ist in der Stellungnahme die Hexenjagd angesprochen, die hier angezettelt wird, es ist auch die Tatsache herausgearbeitet, dass

je erbitterter ein Kampf geführt wird, umso deutlicher bei dem Kämpfenden selbst ein Problem mit der Sache sichtbar wird.“

so wie das im ersten Teil dieses Beitrags bereits von mir ebenfalls vertreten worden war. Aber, wenn wir es auf uns wirken lassen, dann haben die Worte keine wirkliche Kraft und Fülle in sich. Es ist im Großen und Ganzen, die Autoren mögen mir verzeihen, doch mehr ein Rückzugsgefecht, das, so muss man leider vermuten, den Gegner um so mehr anstacheln wird, seine Angriffe fortzusetzen.

Der Stellungnahme ist eine gewisse Unsicherheit anzumerken. Sie möchte nicht dogmatisch auftreten, möchte nicht in den gleiche Fehler verfallen wie der Gegner, möchte auf gar keinen Fall zurückschlagen, sondern nimmt sogar den Gegner noch ernst in seiner „Sorge“. Dieser hat aber, bei näherer Betrachtung nicht wirklich eine Sorge, er hat Angst! Er hat solche Angst dass er panisch um sich schlägt und alles, was diese Angst bei ihm auslöst, vernichtet wissen will. Er verbreitet damit aber eine Gewalt, die Wirkungen hinterlässt. Es ist eine Zwanghaftigkeit, die, so wie bei einer die von Schmutzphobien geplagte Hausfrau nun mit den schärfsten und aggressivsten Reinigungsmitteln gegen Dreck und Ungeziefer vorgehen muss, und ruhelos bleibt, solange nicht aller Schmutz restlos vernichtet ist. Jemand in diesem Zustand ist sachlichen Argumenten nicht aufgeschlossen, er ist in seinem Wahn wie blind für die Wirkungen seines Tuns und er ist nicht ungefährlich für seine Umgebung.

Die Unsicherheit der Stellungnahme ist bei näherem Hinsehen wohl vor allem darin begründet, dass man den Rückhalt der Öffentlichkeit nicht verlieren will. Die Öffentlichkeit, so ist die Hoffnung wird sich selbst ein Urteil bilden: Da ist der polemische Angriff auf der einen Seite, die sachliche, begründete Stellungnahme auf der anderen Seite. Er wird, so hofft man, über kurz oder lang erkennen, wo die wirkliche Rechtschaffenheit und Seriosität lebt, und wo Polemik und Agitation waltet. Im nicht verlieren Wollen des Wohlwollens der Öffentlichkeit liegt aber wiederum eine Angst begründet, und diese ist es, die den Worten ihre Klarheit und innere Sicherheit nimmt. Der Stellungnehmende ist nicht ganz frei in seinen Worten, er tritt nicht ohne Vorbehalte und mit aus ihm und seinem überzeugten Eintreten für Ideale selbst gewonnenen Kraft dem Angreifer gegenüber, sondern er sucht den Rückhalt – und dies macht ihn selbst wieder verletzlich.

Wie aber reagiert man gewaltfrei und trotzdem so klar, sicher und selbstbewusst, dass der Gegner zurückweicht?

Recht gelungen erscheint mir in diesem Zusammenhang eine Stellungnahme, die auf einen im April 2008 erschienenen Artikel der Wiener Zeitung gemacht wurde. Der Artikel selbst ist wohl nur als übelste Verunglimpfung Steiners zu bezeichnen. Er wird dort als eine Art wahnsinniger Autodidakt hingestellt, der unter einer, wie es heißt „aus heutiger Sicht schizoiden Persönlichkeitsstörung,“ gelitten habe, die ihn „nachgerade gezwungen (habe A. d. V.), seine eigene esoterische Mixtur aus Philosophie, Religion und Okkultismus zu entwickeln“.

Die hier einsehbare Stellungnahme (verfasst vom Vorstand der Anthroposophischen Landesgesellschaft Österreich) tritt darin sehr klar für die Ehre Rudolf Steiners ein. Liest man die Zeilen, so bemerkt man, dass hier jemand nicht um Anerkennung des Lesers bemüht ist, sondern sein Anliegen tatsächlich in der Verteidigung der Ehre gegen Schmähungen und Beleidigungen liegt. Die Absicht der Autorin wird klar erkannt und als solche auch im ersten Satz gekennzeichnet:

Das Porträt Rudolf Steiners ist so oberflächlich recherchiert und verfälscht dessen Biographie auf so krasse Weise, dass man den Eindruck einer bewussten und absichtsvollen Diffamierung gewinnen muss.

Auch dem diffamierenden Versuch der Autorin, Steiner in die rechtsnationale Ecke zu stellen, der ja mittlerweile Mode geworden ist, wird klar begegnet:

Als plumpe Verleumdung muss man Karas (die Autorin A.d.V.) Versuch bezeichnen, Rudolf Steiner in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken. Die Unhaltbarkeit solcher Behauptungen ist mittlerweile ausjudiziert und gerichtlich klagbar.

Was ebenfalls gut gelungen scheint, ist die Tatsache, dass es den Verfassern der Stellungnahme gelungen ist, den Link zu ihrer Stellungnahme mitten im “Hetzartikel“ zu platzieren. So ist mit dem Artikel letztlich Eines erreicht: Die ursprüngliche Ehrverletzung an Steiner ist zurückgewiesen und zugleich ist die Situation sogar noch positiv genutzt worden, gelangt doch der Leser des Hetzartikels nun sogleich zu den sachlich richtigen Informationen.

Es ist meines Erachtens damit der Angriff gut im eigenen Sinne genutzt worden: Der Gegner gibt sogar noch die Möglichkeit einer öffentlichen Darstellung, die sonst nicht möglich gewesen wäre. Er macht, wie man sagen könnte, nun letzten Endes sogar noch unbezahlte Werbung….

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